Manfred Weber – Grüne, Linke und Rechtsextreme in einem Atemzug

In der Werbung der CSU zur Europawahl – gesprochen vom Spitzenkandidaten Manfred Weber – werden Grüne, Linke und Rechtsextreme in einem Atemzug als Gefahr für Europa bezeichnet. So nett und säuselnd, wie der Text daherkommt, merkt man die Dreistigkeit erst beim genaueren Hinhören.

Ich habe mich dermaßen über diese Selbstverständlichkeit geärgert, mit der hier die Grenzen nach rechts relativiert und Rechtsextreme auf Kosten demokratischer Parteien salonfähig gemacht werden, dass ich folgenden offenen Brief an den Europaabgeordneten verfasst habe.

OFFENER BRIEF

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Weber,

in einem aktuellen Werbevideo der CSU sagen Sie „… unser Europa ist in Gefahr: Linke und Grüne wollen mehr Staat und Bevormundung und Rechtsextreme wollen Europa letztlich abschaffen. Beides sind fatale Irrwege.“ In einem Atemzug und ohne jede Differenzierung stellen Sie Linke – wohlgemerkt nicht extreme Linke -, Grüne und Rechtsextreme ganz nonchalant als eine Gefahr für Europa dar.

Ich bin vor einigen Jahren Mitglied der Grünen geworden, weil ich der Auffassung war, dass sie meine Sicht auf unsere Grundrechte, auf demokratische Prinzipien, auf unsere Erde, unsere Ressourcen und unsere Verantwortung für nachfolgende Generationen, und gerade deshalb auch unsere christlichen Werte am besten vertreten. Ich bin ehrenamtlich aktiv als Mitglied des Stadtrats von Mühldorf a. Inn.

Nun werde ich von einer demokratischen Partei bzw. ihrem Spitzenkandidaten in einen Topf geworfen mit einer politischen Richtung, die hierzulande eine Partei vertritt, die vom Verfassungsschutz überwacht wird. Der Ruf nach einem (rechts-)staatlichem Eingreifen in einer Phase der größten Krisen, die ich erlebt habe, wird gleichgesetzt mit dem Bestreben unsere freiheitlich demokratische Rechtsordnung zu demontieren und abzuschaffen. Ist das Ihr Ernst? 

Bei Wahlkämpfen weht ein strammer Wind, das ist so weit nichts neues. Vom politischen Gegner als Gefahr für das eine oder andere bezeichnet zu werden, ist Teil des üblichen Wahlkampfgetöses. Das muss man als Politiker ertragen. Die angesprochenen Menschen machen da sicher die nötigen Abstriche. Mir persönlich sind Argumente für eine Lösung lieber als Polemik gegen Parteien. Aber das mag jede Partei halten, wie sie will.

Hier werden aber Grenzen überschritten. Mit der Gleichsetzung von Linken und Grünen einerseits und Rechtsextremen andererseits, wird die extreme Rechte salonfähig gemacht. Und da fragt man sich natürlich, warum? Sind alle schon so abgestumpft, dass das einfach so durchgerutscht ist? Oder ist es Kalkül und es geht darum – mit Blick auf die Umfragen zu den kommenden Wahlen – gezielt die Option einer Koalition mit Rechtsaußen zu öffnen? Nach dem Motto, die einen sind Pest, die anderen Cholera, wir mussten uns entscheiden?

Mir persönlich macht das Angst. Mir macht es Angst, mit verfassungsfeindlichen Extremisten verglichen zu werden. Mir macht es Angst, wenn bürgerliche Parteien den Unterschied zwischen politischem Gegner und Feinden unserer Verfassung nicht mehr kennen oder kennen wollen. Mir macht es Angst, wenn statt mit Argumenten mit Kettensägen Wahlkampf gemacht wird. Mir macht die Verrohung der sogenannten bürgerlichen Mitte Angst.

Wenn es aus meiner persönlichen Sicht eine Gefahr für Europa gibt, dann ist das die Verharmlosung der extremen politischen Rechten. Damit befördern Sie die Verrohung der politischen Mitte. Damit befördern Sie die wachsende Aggressivität einer Klientel, die bisher von Ihrer Partei bedient wurde. Damit befördern Sie letztlich den Rechtsruck in der Gesellschaft. 

Deshalb meine Bitte: Antworten Sie auf politische Konzepte mit eigenen Konzepten und nicht mit stumpfer Aggression. Sorgen Sie dafür, dass die Menschen nicht nur Ihre Feindbilder, sondern auch Ihre Lösungsvorschläge kennen. Akzeptieren Sie die Krisen unserer Zeit. Akzeptieren Sie, dass Veränderung nötig ist, und suggerieren Sie nicht, dass man die Krisen aussitzen kann. Sagen Sie nicht, was Sie nach einer Wahl zurückdrehen wollen, sondern was Sie voranbringen können. Machen Sie gute konservative Politik und leiten Sie die Menschen nicht nach rechts außen weiter. Zeigen Sie klare Kante nach rechts und machen Sie ihren Job!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Kraft
Rechtsanwalt

Anhang

wahlkampfspot der CSU

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