Wer kennt Artikel 15 Grundgesetz (GG)? Wer ihn zitiert, gilt schon als Ultralinker. Ein Verfassungsfossil nennt ihn Marco Buschmann (FDP) in der LTO1. Aber wenn er fällt, verliert der Staat womöglich ein wichtiges Werkzeug gegen überbordenden Kapitalismus.
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden. Für die Entschädigung gilt Artikel 14 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend.
Art 15 GG
Klingt kommunistisch, ist aber ein Grundbedürfnis der Staatsgewalt. Denken wir mal in Extremen: Der gesamte Grund ist in Privatbesitz und die Besitzer produzieren ausschließlich für den Export. Oder ein Stromkonzern nutzt seinen Stausee nicht weil Kohle billiger ist. Oder ein Mobilfunkanbieter weigert sich, seine Masten auf dem Land mit neuer Technik auszustatten. Oder, oder, oder. In Zeiten, in denen Eigentümer von Artikel 14 GG nur noch den ersten Absatz lesen, kein völlig abwegiges Szenario. Was also wäre dann?
Politische (Fehl-)Entscheidungen müssen rückabwickelbar sein. Spätere Generationen wollen handlungsfähig bleiben. Sie müssen noch etwas zu entscheiden haben. Auch das ist Demokratie.
Dazu gehört beispielsweise übereifrige Privatisierung, die sich später als falsch herausstellt. Vater Staat ist nun einmal kein gleichgestellter privater Partner. Er besitzt Staatsgewalt und diese geht vom Volk aus. Das kann sich etwas zurückholen, was – womöglich fälschlich – aufgegeben wurde. Natürlich nicht umsonst.
Die Idee, Artikel 15 GG abzuschaffen, geht vom unbedingten Vorrang des Privateigentums aus. Freilich lassen sich Notsituationen mit dem verbleibenden Regelwerk bewältigen. Doch es gibt Situationen, in denen Privatinteressen hinter denen der Allgemeinheit zurückstehen – vor allem wenn es um knappe Ressourcen oder Grundbedürfnisse geht. BMW gehört übrigens nicht dazu.
Solche moralischen Grundsätze, dürfen dann auch im Grundgesetz stehen.