Der Mentor – Verwirrendes Kribbeln in der Josefstadt

Angenehm unvorhersehbar präsentiert sich Daniel Kehlmanns Stück Der Mentor im Theater in der Josefstadt. Am Ende dachte man, es könnte ruhig noch etwas weitergehen.

Noch ein Theaterstück über den Künstler! Wo liegt die Rechtfertigung der Kunst, wenn sie sich nur mit sich beschäftigt? Das waren meine ersten Gedanken, aber das verflog auch bald. Warum sollte der Künstler nicht über das schreiben, was er am besten kennt, bietet doch die Geschichte letztlich nur den Boden für die Präsentation von vier Charakteren. Was hier passiert, kann überall anders genauso passieren.

Herbert Föttinger (Benjamin Rubin), Ruth Brauer-Kvam (Gina Wegner)
© Sepp Gallauer, Herbert Föttinger (Benjamin Rubin), Ruth Brauer-Kvam (Gina Wegner)

Benjamin Rubin (Herbert Föttinger auch Regie, der alte Hase ), der schon bessere Zeiten kannte, ja für einen kurzen Augenblick ein Genie war und nun alles akzeptiert, um zu Geld zu kommen. (Hatten wir das nicht gerade im Jungle?). Martin Wegner (Florian Teichtmeister), der junge Ehrgeizling, der so gerne anders wäre, besser. Gina Wegner (Ruth Brauer-Kvam), die nicht mehr ganz taufrische Ehefrau, die sich bis jetzt ihrem hoffnungsvollen Gatten den Rücken gestärkt hat. Und Erwin Wangenroth mit th (Siegfried Walther), der devote Exekutor im Kunstbetrieb, der sich bisher nicht getraut hat, selbst aktiv zu sein.

Sie sind eine Zwangsgemeinschaft, die überraschend schnell zerbricht. Überhaupt ist einiges denn überraschend. Glaubt man, man könne die Handlung vorhersagen, so wird man immer wieder eines besseren belehrt. Keine Person ist am Ende noch das, was sie am Anfang zu sein schien.

Hervorragend gespielt von allen Beteiligten, ohne echt Stars aber mit ausgewogen hohem Niveau. In kleiner lokaler Höhepunkt ist sicher das Tête-à-Tête zwischen Benjamin und  Gina, an dessen Ende sich beide jedenfalls vertrauter sind. Sie passten vielleicht auch besser zusammen.

Die Szenerie mit offener Bühne und beiläufigen Versatzstücken des luxuriösen Ambientes ist unaufdringlich, sie lässt für die Akteure allen nötigen Raum zum Spielen und für den Zuschauer Platz für seine Phantasie. (Allein wie oft die einzige Frau im Spiel ihren regieführenden Kollegen verflucht haben, mit ihren hohen Schuhen über den gerölligen Boden stolpern zu müssen?)

Fazit: Der Abend ist kurzweilig und gelungen, gegessen und getrunken wird allerdings erst später – es gibt keine Pause!